Deutschland ging in der Coronakrise anders vor als andere europäische Länder: Schulen, Läden und die Gastronomie wurden Anfang Mai unter gewissen Voraussetzungen wieder geöffnet und die deutsche Bundesliga durfte ebenfalls wieder starten. Aber wie sieht die Lage in der deutschen Zierpflanzenbranche aus? MPS sprach mit Frank Zeiler darüber, wie es den Gärtnereien in Deutschland derzeit ergeht. Er bekleidet schon seit über 35 Jahren verschiedene Positionen in der Zierpflanzenindustrie. Derzeit ist Zeiler Geschäftsführer des Verbands des Deutschen Blumen- Groß- und Importhandels, Vizepräsident des Weltverbands des Blumengroßhandels Union Fleurs und auch Vorsitzender der EU-Sektion innerhalb der Union Fleurs.

Wie reagierte die deutsche Zierpflanzenbranche auf die Coronamaßnahmen?
„Die deutsche Zierpflanzenbranche litt durch die Maßnahmen vor allem im März und April unter fehlenden Absatzmöglichkeiten und einer niedrigeren Nachfrage. Grund dafür waren unter anderem die unterschiedlichen Vorschriften in den einzelnen Bundesländern. In manchen Bundesländern waren Blumenläden und Gartencenter geschlossen, in anderen geöffnet. Dies sorgte für Verwirrung, aber zum Glück ist für die Gärtner mittlerweile klar, woran sie sind. Insgesamt wird es, so denke ich, schwierig werden, den Verkaufseinbruch aus dem Frühjahr wieder auszugleichen. Mittlerweile sind die Blumenläden und Gartencenter aber wieder geöffnet und es gibt auch wieder viel Nachfrage, vor allem nach Gartenpflanzen.“

Was sind die wichtigsten Maßnahmen, die für Gärtner in Deutschland ergriffen wurden?
„In Deutschland herrscht Föderalismus und jedes Bundesland kann selbst über die Richtlinien entscheiden. Dies führte in den ersten zwei Monaten der Krise zu Verwirrung und Logistikproblemen. Darüber hinaus war es für die Gärtner wichtig, Maßnahmen zu ergreifen, um die Ausbreitung der Krankheit zu verhindern, gleichzeitig aber dafür zu sorgen, dass die Zulieferkette nicht unterbrochen wird.“

„Eine wesentliche Folge der Coronamaßnahmen ist, dass viele Betriebe mit einem Personalmangel zu kämpfen haben, weil derzeit wenige Saisonarbeiter im Land sind. Manche Betriebe haben neue Möglichkeiten entwickelt, um ihre Produkte doch noch zu verkaufen. Sie haben ihren Verkauf aus dem stationären Handel ins Internet verlagert. Die Kunden bestellen ihre Waren also immer mehr im Internet und kommen weniger in den Laden. Dadurch gibt es weniger Kontakt. In den kleineren Läden wurden Maßnahmen ergriffen, um die Ausbreitung des Virus zu verhindern, zum Beispiel kontaktloses Bezahlen und Abstand.“

Es ist noch unklar, welche Auswirkungen dies letztendlich haben wird

Welche Auswirkungen wird das Coronavirus Ihrer Meinung nach auf die Zierpflanzenbranche in Deutschland haben?
„Viele Gärtnereien haben in den ersten Monaten eine Unterstützung von der Regierung erhalten und die Verkaufszahlen am Muttertag waren gut. Trotz dieser aktuell positiven Entwicklungen ist jedoch unklar, wie die Auswirkungen letztendlich sein werden. Auch weil im Laufe des Jahres der Absatz von Blumen und Pflanzen an die Veranstaltungsbranche und Gastronomie geringer sein wird.“

„Darüber hinaus wird nun die Bedeutung des internationalen Handels für die Wirtschaft deutlich. Derzeit sind nicht genug Flugzeuge verfügbar, um Blumen und Pflanzen zu transportieren. Dies sorgt dafür, dass die Transportkosten in die Höhe schnellen. Der Handel kann Arbeitsmigration verhindern und stärkt vor allem Frauen und Familien in den produzierenden Ländern. Darum ist es wichtig, jetzt neben der notwendigen Unterstützung für die Inlandsproduktion auch die Erholung des internationalen Marktes zu unterstützen.“

Und danach?
„Wie bereits erwähnt, wird sich erst zeigen, welche Schlussfolgerung wir am Ende des Jahres ziehen werden und welche Folgen das alles haben wird. Andere Aspekte wie die Preise, Nachhaltigkeit, Mehrwert, Personal und Logistik, die vor Corona aktuell waren, sind das jetzt noch immer. Ich hoffe, dass die meisten Unternehmen eine gute Sommersaison haben werden und damit die Probleme des Frühjahrs einigermaßen ausgleichen können und dass die Nachfrage nach den Produkten der Zierpflanzenbranche bei den Verbrauchern weiter wächst.“