Die Zierpflanzenbranche ist weltweit schwer vom Ausbruch des Coronavirus betroffen. Blumen und Pflanzen landen im Müll und es ist schwierig, an Material für die Produktion zu kommen. Darüber hinaus gibt es Probleme, Blumen und Pflanzen, die bereits verkauft wurden, an die Kunden zu liefern. Manchmal gibt es aber auch Lichtblicke: In manchen Ländern helfen die Leute plötzlich zusammen, um die Branche zu retten. Unsere Koordinatoren im Ausland berichten über die Situation in ihrer Region.

Vivian Pellens – Deutschland
“Ich denke, die Situation ist ziemlich damit vergleichbar, was Sie für die Niederlande beschrieben haben. Der Gartenbausektor ist im Hinblick auf seine Verkaufsorte sehr eingeschränkt. Da wir ein Föderalstaat sind und jedes Bundesland über Maßnahmen zudem selbst entscheiden kann, unterscheidet sich die Situation sogar innerhalb Deutschlands. Einige Bundesländer haben alle Blumenfachgeschäfte und sogar die Baumärkte geschlossen, in anderen sind Floristikgeschäfte und Gartencenter geschlossen, aber die Baumärkte sind geöffnet. Das führte teilweise zu Verärgerung, da Gärtner, die womöglich nur einige Kilometer auseinander liegen, aber in verschiedenen Bundesländern, vor unterschiedlichen Regeln standen. Insgesamt verliert der Sektor auf jeden Fall sehr viel Geld. Inhaber und Angestellte sind sehr besorgt, einige stehen an der Schwelle zum Bankrott. Und während andere Bereiche Staatshilfen beantragen können, können dies leider viele Gärtner und Gartenfachgeschäfte nicht, weil die Voraussetzungen nicht zu ihrer Situation passen – beispielsweise darf man jetzt (März/April) nur die Hälfte der Einkünfte des Vormonats (Februar) oder des Vorjahresmonats haben. Natürlich passt das durch die Saisonzeiten und die starken Schwankungen in den Jahren (2019 war ein kalter und somit sehr schlechter März) nicht zum Gartenbau. Wir hoffen sehr, dass die Regierung die Zeit finden wird, hier weiter zu differenzieren und die Voraussetzungen an die unterschiedlichen Geschäftsarten anzupassen. Und wir hoffen, dass nach Ostern mehr Blumenfachgeschäfte wieder öffnen dürfen. Zumindest erlaubten einige Bundesländer jetzt, dass Baumärkte wieder öffnen dürfen.”

“Gärtner versuchen derweil, neue Wege für den Verkauf ihrer Produkte zu finden. Direkte, kontaktfreie Verkäufe auf Parkplätzen vor den Gewächshäusern zum Beispiel. Es funktioniert ganz gut, auch dank des guten Wetters. Und die Kunden wollen wirklich helfen und lokal einkaufen. Einige Gärtner haben auch Online-Shops eingerichtet, aber natürlich macht das nur für bestimmte spezielle Pflanzenarten Sinn, nicht für die Masse an Frühlings-Beetpflanzen. Wir sehen neue Online-Shops bei Hortensien oder Phaleonopsis, zum Beispiel.”

“Es gibt keine zentrale Medienkampagne, so weit ich weiß, obwohl alle Menschen innerhalb des Grünen Sektors sehr intensiv die Sozialen Medien nutzen, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Deutsche Gartenbauverbände schicken verstärkt Presseinformationen raus, bringen die Presse zu den Gärtnern, nutzen Facebook, um auf die Probleme aufmerksam zu machen. Viele Gärtner nutzen Facebook und Youtube, um Videos mit ihren Gedanken zu posten. Und auch viele andere Unternehmen am Rand des Grünen Sektors beteiligen sich. Eine Arbeitsvermittlungs-Agentur für „Grüne Berufe“ zum Beispiel eröffnete eine Facebook-Gruppe namens „Unterstützt eure Gärtner und den Gartensektor in Zeiten von Corona“, wo Gärtner ihre Ideen teilen und ihre Angebote wie Direktverkauf oder Online-Shops vorstellen können.”

Antonio FracassiItalien
„Die Corona-Situation in Italien bedeutet vor allem, dass wir die sozialen Kontakte reduzieren. Nur wirklich lebenswichtige Tätigkeiten sind unter gewissen Voraussetzungen erlaubt. Die Zierpflanzenbranche leidet erheblich unter den Exportbeschränkungen und Bestellungen werden storniert. Am schlechtesten läuft es bei den Saisonpflanzen, von denen der Großteil vernichtet wird. Die italienische Regierung hat extreme Maßnahmen ergriffen, um die Verluste abzumildern, aber erst die Zeit wird lehren, inwieweit dies genug für die Gärtner ist, um die Krise zu überleben.

Um der Zierpflanzenbranche in Italien zu helfen, beteilige ich mich an einem wissenschaftlichen Projekt. Dieses Projekt verfolgt das Ziel, einen wissenschaftlichen Beweis darüber zu erbringen, dass Blumen und Pflanzen eine positive Auswirkung auf Menschen haben, vor allem in Zeiten, in denen viele zu Hause sitzen. Auf diese Weise versuchen wir, die Regierung davon zu überzeugen, dass die Gartencenter und Baumärkte aufsperren sollen. Die Gemütslage in Italien ist eigenartig, aber der Wille, zu überleben, ist stärker!“

Hanim Dur – Türkei
„Das Coronavirus hat mittlerweile eine direkte Auswirkung auf den Gartenbausektor in der Türkei. Leider kam die Krise genau zur Hauptverkaufssaison für Blumen. Wir hören von unseren Kunden, dass die meisten Bestellungen bereits storniert wurden oder storniert werden (sogar Bestellungen, die bereits versandt wurden). In der Zwischenzeit geben die Gärtner und Exporteure dennoch ihr Bestes, um den Handel aufrechtzuerhalten, der auch infolge der Quarantänevorschriften und des Schließens der Grenzen zum Ausland Schwierigkeiten bekommen hat. Derzeit ist die Qualität der Blumen am besten, aber durch stornierte Bestellungen ernten die Gärtner in einem langsameren Tempo und bewahren sie so lange wie möglich in Kühlräumen auf, wobei sie aber auch eine große Menge Blumen vernichten und hoffen, dass die Umstände wieder normal werden. Die Produktion geht unter veränderten Arbeitsbedingungen weiter. Auf dem Inlandsmarkt sind die meisten Blumenläden geschlossen und Supermärkte gehören nicht zu den Absatzkanälen, weil sie dem Verkauf von Obst und Gemüse Vorrang geben.“

René Rombouts – Spanien und Portugal
„Die Situation in Spanien und Portugal ist mit Italien vergleichbar, vor allem Spanien befindet sich in einer großen Krise. Spanier und Portugiesen müssen möglichst von zu Hause arbeiten und das gerade zu einem Zeitpunkt, da sie normalerweise Geld verdienen: im Frühjahr. Ich habe einige Betriebe angerufen und merke, dass die Situation ernst ist: Lastwagen kehren mit den Produkten, die sie liefern hätten sollen, zurück, Exportaufträge werden storniert und der lokale Verkauf ist zum Erliegen gekommen. Die Gärtner werfen ihre Produkte in den Müll und pflanzen gleichzeitig wieder für die neue Saison. Ohne Einnahmen braucht man dazu ein großes finanzielles Polster, das nicht jeder hat. Sehr schön finde ich, dass das spanische Unternehmen Floramedia eine Kampagne in den sozialen Medien gestartet hat: #AhoraFloresyPlantas. Auf Englisch übersetzt ist dies: #nowFlowersandPlants. So versucht man, den Verkauf von Blumen und Pflanzen zu fördern. Auch MPS unterstützt diese Kampagne.“

Leen Klaassen – Südamerika, Ecuador
„Die Zierpflanzenbranche in Ecuador ist durch die Corona-Krise völlig zum Erliegen gekommen. Viele Blumen aus dieser Region werden exportiert und das ist nun nicht mehr möglich, weil alle Flugzeuge auf dem Boden bleiben. Auch auf dem Seeweg wird nicht exportiert und es ist nicht möglich, an Material zu kommen, das für die Produktion benötigt wird. Zwischen den Provinzen wird auch nicht viel transportiert. Voraussichtlich hat dies zur Folge, dass die Produkte knapp und teuer werden. Diese Situation wird auf jeden Fall noch zwei Wochen andauern, danach wird die ecuadorianische Regierung die Lage neu beurteilen.“

John McCaslinUSA
„In den USA steht eine kritische Woche bevor. Die meisten Amerikaner halten sich an die Gesundheitsrichtlinien: Sie bleiben zu Hause und halten Abstand. Die großen Läden sind noch offen, weil sie als ‚systemrelevant‘ gelten. Sie erfüllen die Verträge, die sie mit den größten Gärtnereien haben, und bevorraten die großen Gartencenter. Für kleinere Betriebe ist die Situation herausfordernder. Allerdings hat die amerikanische Regierung beschlossen, kleine Kredite an Gärtner zu vergeben. Diese Kredite werden, so denke ich, kurzfristig helfen. Die Zukunft ist ungewiss, aber wir bleiben optimistisch.“

Marie-Françoise Petitjean – Frankreich
„Die Situation in Frankreich ist schwierig, vor allem für die Erzeuger von einjährigen Pflanzen und Schnittblumen, die zwischen März und Mai den Großteil ihres Umsatzes machen. Andere Gärtnereien haben ebenfalls Absatzprobleme, können die Pflanzen aber zumindest zurückschneiden und müssen nicht alles wegwerfen. Blumenläden und andere Läden, die an Verbraucher verkaufen, sind geschlossen. Sie verkaufen nur über Bestellungen mit Lieferung oder Abholung. Viele Gärtner verkaufen nun selbst direkt an die Verbraucher. Gartencenter, die Futtermittel und essbare Pflanzen wie Küchenpflanzen und Kräuter verkaufen, dürfen geöffnet haben. Manche Bestellungen erreichen die Läden also. Es muss aber erst untersucht werden, wie viel Geld dies bringt, denn die Kunden bleiben aus. Für manche Gärtner ist auch der Mangel an Arbeitskräften ein Problem: Die Mitarbeiter sind aufgrund von Krankheit zu Hause oder weil sie sich um ihre Kinder kümmern müssen oder weil sie Angst haben und lieber zu Hause bleiben.“

„Gestern Abend kündigte Präsident Macron an, dass der Lockdown bis 11. Mai dauert. Obwohl Banken und Unternehmen viel öffentliches Geld zur Verfügung gestellt haben, um die großen Umsatzrückgänge auszugleichen, erwarten wir, dass bald viele Betriebe insolvent sein werden. Der französische Gartenbauverband VAL’HOR hat eine Web-App entwickelt, um Gärtner zu finden, die Blumen und Pflanzen an Verbraucher verkaufen. Er hat auch das internationale Schreiben an die Europäische Kommission für die Beantragung eines großen Nothilfefonds unterzeichnet.“

Marie-Laure Doyen – Ostafrika, Kenia
„Der Export von Schnittblumen ist um rund 35 Prozent niedriger als normalerweise um diese Zeit. Dies kommt vor allem daher, dass die Exporte nach Europa auf nahezu null gesunken sind. Die Gärtner werden von der Krise also schwer getroffen. Trotz nicht mehr vorhandener Verkäufe müssen die Gärtner die Blumen bewässern, düngen und pflegen, sonst leiden die Pflanzen und produzieren auch in Zukunft keine Blumen mehr. Es gibt aber auch gute Nachrichten: In Kenia wurde vergangene Woche von der Kenya Private Sector Alliance (KEPSA) eine Kampagne mit dem Namen ‚Flowers of Hope‘ lanciert. Um die Branche zu unterstützen, möchte diese Organisation kenianische Blumen zum Symbol für Solidarität und Mitgefühl machen. Zudem hofft man, die Jobs von Tausenden von Menschen und Gärtnern zu retten. Blumen werden in Krankenhäusern und anderen Institutionen verteilt. Menschen, die Blumen bekommen, werden gebeten, ein Foto von sich mit dem Hashtag #FlowersofHope zu posten.“

Esteban Diaz – Mittelamerika
„Wie bekannt ist, sind die Grenzen geschlossen, also versuchen die Gärtner, sich möglichst auf dem lokalen Markt zu positionieren. Die Herausforderung ist, dass der lokale Markt nicht groß ist. Die Gärtner hoffen auf eine Veränderung der Situation, weil sie von den Exporten nach Europa abhängig sind.“